Braunschweig/Wolfenbüttel. Die Landeskirche Braunschweig hat den Sorgen und Ängsten gegenüber dem maroden Atommüllendlager Asse II bei Wolfenbüttel ein Forum gegeben. Am Freitag, 7. November, informierten sich zahlreiche Menschen im Gemeindehaus Groß Denkte über den aktuellen Stand der Schließungspläne. Dabei machten viele ihrer Empörung über die Politik und den bisherigen Betreiber der Anlage, das Helmholtzzentrum, Luft.
Heike Wiegel vom Asse-II-Koordinierungskreis attestierte den Verantwortlichen einen unverantwortlichen Umgang mit der Anlage. Vierzig Jahre lang hätten diese behauptet, die Asse sei sicher, obwohl sie spätestens seit zwanzig Jahren wüssten, dass dort täglich 11.500 Liter Lauge eindringen. Deswegen sei das ursprünglich geplante Flutungskonzept unvertretbar gewesen. Es hätte ihrer Darstellung nach zu einer „radioaktiv verseuchten Suppe" geführt, die durch die besondere geologische Beschaffenheit des Berges nach oben gepresst worden wäre.
Wiegel begrüßte den Betreiberwechsel vom Helmholtzzentrum zum Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). Es sei sachgerecht, dass die Asse nach Atomrecht und nicht wie bisher nach Bergrecht behandelt werde. Sie erwarte vom BfS eine ergebnisoffene Prüfung, welche Lagerung der Atommüllfässer für die Zukunft am sichersten sei. Dabei müsse auch eine komplette Rückholung der Abfälle ernsthaft erwogen werden. Außerdem forderte sie unter dem Applaus der Teilnehmer einen fairen Umgang mit den Assekritikern.
Michael Hoffmann vom BfS sagte einen offenen Dialog zu und kündigte die Einrichtung einer Informationsstelle an. Alle Schritte müssten künftig öffentlich nachvollziehbar sein. Ziel sei eine „transparente, sichere und zügige Stilllegung" des Endlagers. Um verschiedene Optionen zu prüfen, werde die BfS versuchen, Zeit zu gewinnen. Deshalb werde die Schachtanlage so gut wie möglich stabilisiert. So würden Resthohlräume bereits mit Spezialbeton verfüllt.
Der Landrat des Landkreises Wolfenbüttel, Jörg Röhmann (SPD), bezeichnete die seit zwei Jahren gewachsene öffentliche Aufmerksamkeit für die Probleme der Asse als Erfolgsgeschichte. Viel zu lange seien die Sorgen der Kritiker auch von der Landes- und Bundespolitik ignoriert worden. Dass dies nun anders sei, liege er vor allem daran, dass alle Akteure in der Region gemeinsam auftreten. Röhmann forderte eine sichere Schließung der Asse oder eine sichere Entsorgung der nuklearen Abfälle. Gleichzeitig warnte er, vor Abschluss eines Optionenvergleichs ausschließlich auf eine Rückholung der Atommüllfässer zu setzen.
Der niedersächsische Umweltminister Hans-Heinrich Sander (FDP) sagte, die Politik habe aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und versuche nunmehr, ihrer Verantwortung für das Endlager gerecht zu werden. Selbstkritisch räumte er ein, dass in Sachen Asse „politisch fast alles Vertrauen verspielt wurde". Er dankte Bundesumweltminister Sigmar Gabriel. Erst durch ihn sei die nötige Aufmerksamkeit für die Probleme in dem Endlager entstanden. Sander betonte, dass das BfS mit 26 neuen Personalstellen ausgestattet werde, damit die notwendigen Klärungen möglichst schnell erreicht werden.
Landesbischof Weber würdigte den langjährigen Einsatz der Kritiker. Ihr Widerstand sei gerechtfertigt, weil die Würde der Menschen in der Region durch die Assebetreiber nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Die Sorgen und Ängste müssten im Rahmen einer offenen und transparenten Diskussion Ernst genommen werden. Der Landesbischof versicherte, dass sich die Pfarrerinnen und Pfarrer der Landeskirche an dieser Aufgabe beteiligen werden.