Hannover (epd). Die fünf evangelischen Kirchen in Niedersachsen wollen in den kommenden Monaten in ihren Synoden über eine mögliche gemeinsame evangelische Kirche in dem Bundesland beraten. Die Konföderationssynode, in der die lutherischen Kirchen von Braunschweig, Hannover, Oldenburg und Schaumburg-Lippe sowie die reformierte Kirche mit Sitz in Leer vertreten sind, verabschiedeten am 14. März in Hannover mit großer Mehrheit einen entsprechenden Antrag. Er sieht vor, dass jede Mitgliedskirche ihr Kirchenparlament befragt und bis zum 1. September ein entsprechendes Votum abgibt. Danach soll ein neu zu bildender Reformausschuss ein Konzept zur Schaffung einer niedersächsischen Kirche erarbeiten.
Der Braunschweiger Bischof Friedrich Weber hatte sich zuvor als derzeitiger Vorsitzender des Rates der Konföderation dafür ausgesprochen, die "kirchlichen Weichen" neu zu stellen. Die evangelische Kirche müsse mit ihrer Botschaft in Niedersachsen auch künftig "erkennbar und wirksam im ganzen Land präsent sein". Weber verwies unter anderem auf Analysen über die Bevölkerungsentwicklung und vorhandene Überschneidungen sowohl bei den kirchlichen Strukturen als auch in der Diakonie.
"Wir brauchen mehr denn je in den heutigen schwierigen Zeiten das Zusammenwirken der Kirchen", sagte der Bischof. Die fünf Kirchen mit rund vier Millionen Mitgliedern hatten sich 1971 zu einer Konföderation zusammengeschlossen, um ihre Interessen gegenüber dem Land gemeinsam zu vertreten und Gemeinschaftsaufgaben wie die Publizistik und ein eigenes kirchliches Verwaltungsgericht wahrzunehmen. Eine einzige niedersächsische Kirche war vor 38 Jahren aus Sicht der kleineren Kirchen nicht vorstellbar. Der Vertrag war aber von Anfang an auf ein mögliches Zusammenwachsen zu einer Kirche angelegt.
Weber betonte, dass der Aufbruch zu einer gemeinsamen Kirche von allen gewollt sein müsse. Dabei gelt es, den Sorgen und Befürchtungen der Menschen mit Respekt zu begegnen. Eigenständigkeit und Kooperation in den Regionen müssten sich nicht ausschließen.
Die hannoversche Landesbischöfin Margot Käßmann begrüßte den Vorstoß Webers. Ein Bündeln der Kräfte in schwierigen Zeiten sei sinnvoll. Außerdem seien sich die fünf Kirchen inhaltlich sehr nahe. Der Prozess in der gerade entstehenden Nordkirche zwischen Nordelbien, Pommern und Mecklenburg sei wesentlich schwieriger. Er müsse drei Bundesländer und eine unterschiedliche Ost-West-Prägung integrieren. Die Bischöfin der größten evangelischen Kirche in Deutschland betonte, dass die jeweiligen regionalen Identitäten auch in größeren Einheiten bewahrt werden könnten.
Der Kirchenpräsident der Evangelisch-reformierten Kirche Jann Schmidt sagte, der Aufbruch innerhalb der Evangelischen Kirche in Deutschland zu mehr Gemeinsamkeiten und Verbindlichkeiten werde auch die fünf niedersächsischen Kirchen nicht unberührt lassen: "Besser wir handeln jetzt, bevor wir behandelt werden." Jede Kirche müsse für sich definieren, wie viel Eigenes sie aufgeben wolle, um etwas gemeinsames Neues zu schaffen.
Schmidt sagte, die Konföderation habe in den vergangenen 40 Jahren immer wieder einen Eindruck von "institutionalisierter Bedeutungslosigkeit" erweckt und sei auf der Stelle getreten. Eine klare Absage erteilte der Kirchenpräsident einer möglichen evangelisch-lutherischen Kirche in Niedersachsen mit einem reformierten Sonderbereich. Bei allen Gemeinsamkeiten gebe es doch grundsätzliche Unterschiede. Eine Alternative könne eine unierte Kirche sein, in der lutherische und reformierte Traditionen gleichberechtigt nebeneinander stünden.
Auch der schaumburg-lippische Bischof Jürgen Johannesdotter äußerte sich positiv. Der Vorstoß Webers sei ein "Aufbruch in neue Dimensionen des kirchlichen Miteinanders in Niedersachsen". Es werde ein langer Weg zu einer gemeinsamen Kirche sein, auf dem die regionalen Stärken der einzelnen Partner sorgsam bedacht werden müssten.
Der Oldenburger Bischof Jan Janssen sagte, er begrüße den Kommunikationsprozess, an dessen Ende eine gemeinsame Kirche in Niedersachsen stehen könne. Die oldenburgische Kirche wolle für ein Miteinander aber auch geworben werden. Der Prozess müsse regional und in Ruhe beginnen.