Braunschweig. Landesbischof Weber hat dazu aufgefordert, die Erinnerung an die Judenverfolgung im Dritten Reich wach zu halten. „Sich auseinander zu setzen und zu erinnern, durchzuarbeiten und weiter zu geben gehört zu unserem Auftrag nicht nur als Christenmenschen, sondern auch als Deutsche, Nachgeborene oder nicht", sagte er am Montagabend, 10. November, in der St. Katharinenkirche in Braunschweig bei einer Gedenkveranstaltung zur Erinnerung an die Reichspogromnacht vor siebzig Jahren. 149 Personen seien damals in Braunschweig ins Konzentrationslager Buchenwald deportiert worden. Am 15. Dezember 1938 habe es in einem Bericht des Innenministeriums geheißen, dass von den ehemals 1500 nur noch 500 Juden im Land Braunschweig wären und man daher hoffe, in allernächster Zeit „judenfrei" zu sein.
Der Landesbischof bezeichnete es als einen Grund zur Scham, dass damals ein „theologisch oder anders begründeter Antisemitismus" salonfähig gewesen sei. Die Anzahl derer, die es wagten Partei für jüdische Mitbürger zu ergreifen und sich den nationalsozialistischen Machthabern zu widersetzen, sei „bedrückend klein" gewesen: „Der moralische Zusammenbruch weiter Teile der deutschen Bevölkerung, das Schweigen der politischen und kulturellen Eliten gerade im Nachgang von Arierparagraph und Pogromnacht muss auf Hitler bestärkend gewirkt haben", so Weber. Die Reichspogromnacht sei der Wendepunkt hin zur systematischen Judenverfolgung und Vernichtung gewesen. Auch aus der Kirche habe Hitler mit keinem wesentlichen Widerstand rechnen müssen.
In Anlehnung an die Rede des ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker am 8. Mai 1985 im Bundestag forderte Weber die Zuhörer auf, die Vergangenheit anzunehmen: „Wir alle sind von ihren Folgen betroffen und für sie in Haftung genommen." Es gehe nicht darum, die Vergangenheit zu bewältigen. Das gehe gar nicht, da sich die Vergangenheit nicht nachträglich ändern lasse. Wer aber vor ihr die Augen verschließe, werde blind für die Gegenwart.
Ansprache zum 9. November im Wortlaut
Predigt zum 9. November im Wortlaut
Ansprache zum 9. November im Wortlaut
Predigt zum 9. November im Wortlaut